Gartenreichbrief -
Neues von der Kulturstiftung

4 Königs- und Kaiserbüsten von Johann Joachim Kaendler

Vier Büsten römisch-deutscher Kaiser und Könige befinden sich derzeit aufgrund ihrer Fragilität im Depot der Kulturstiftung.

Sie gehören eigentlich zur Erstausstattung von Schloss Mosigkau unter der Bauherrin Anna Wilhelmine Prinzessin von Anhalt-Dessau (1715–1780). Geschaffen wurden sie in der Meißener Porzellanmanufaktur in den Jahren 1744 bis 1746 durch ihren bedeutendsten Modelleur J. J. Kaendler (1706–1775). Er schuf eine Serie von vermutlich 17 römisch-deutschen Kaisern und Königen für die Kurfürstin Maria Josepha von Sachsen, einer Tochter Kaiser Josefs I., die damit vermutlich auf ihre erhabene Abstammung hinweisen wollte; 16 der 17 Büsten stellen habs-burgische Herrscher dar. Die vier Mosigkauer Objekte zeigen Rudolf I. (1218–1291), Ferdinand I. (1503–1564), Rudolf II. (1552–1612) und Matthias (1557–1619).


Rudolf I. und Ferdinand I.


Rudolf II. und Matthias 

Lediglich Rudolf I., der erste Habsburger Herrscher, trägt eine Krone, während die anderen Kaiser mit einem Lorbeerkranz bekrönt sind. Alle Personen sind dargestellt in der Mode ihrer Zeit; so ist Rudolf I. eindeutig in „mittelalterliche“ Kleidung gehüllt, während seine Nachfolger, die allesamt in der zweiten Hälfte des 16. und am Anfang des 17. Jahrhunderts herrschten, z. B. eine Halskrause tragen, die in dieser Zeit „en vogue“ war. Drei der vier Dargestellten haben um ihren Hals den Orden vom Goldenen Vlies.

Die teilweise sichtbaren Beschädigungen sind sogenannte Brandrisse, die uns heute noch die enormen Schwierigkeiten aufzeigen, die mit der Herstellung einer großen Büste aus Porzellan verbunden waren. Solche Risse können beim Brand der Porzellanmasse und der daraus folgenden Schwindung des Materials entstehen. Auch die teilweise verzogenen Sockel deuten auf den schwierigen Herstellungsprozess hin.


Brandriss

Wie Anna Wilhelmine in den Besitz dieser Büsten gekommen ist, ob sie gekauft wurden oder ob sie etwa ein Geschenk des sächsischen Kurfürstenpaares waren, ist nicht überliefert. Auch nicht, ob es einst noch andere dieser Büsten gab, da die Auswahl der Personen doch recht willkürlich erscheint. Die Aufstellung römisch-deutscher Kaiserbüsten in der Mosigkauer Bildergalerie sollte dem damaligen Betrachter aber verdeutlichen, dass das Haus Anhalt-Dessau fest hinter dem habsburgischen Kaisertum stand, zumal der Vater von Anna Wilhelmine, Fürst Leopold I. von Anhalt-Dessau, genannt der „Alte Dessauer“, Reichsgeneralfeldmarschall war und auf den Vornamen seines kaiserlichen Paten Leopold I. getauft wurde.

Die vier Büsten wurden wegen der Baumaßnahme an den Fenstern der Mosigkauer Galerie im letzten Jahr entfernt. Nachdem nun die zwischen den Fenstern stehenden Konsoltische restauriert und wieder aufgestellt wurden, sollen die Büsten bald folgen. Sie werden dann unter besonderen Schutzmaßnahmen im Galeriesaal aufgestellt und stellen somit wieder ein einmaliges Zeugnis der Schaffenskraft der Meißner Manufaktur sowie der Sammelleidenschaft der Prinzessin Anna Wilhelmine dar.

Marco Freundlieb, Abteilung Schlösser & Sammlungen