Gartenreichbrief -
Neues von der Kulturstiftung

Für "Schochs Blumengarten" im Wörlitzer Park wurde ein Restaurierungskonzept entwickelt. Es gilt, ihn als Teil des ursprünglichen Gesamtkunstwerks des Fürsten Franz zu bewahren und zugleich seine prägenden Gestaltungselemente späterer Weiterentwicklungen zu erhalten.

Bei der Hornzackenbrücke durchquert man einen heute von hohen Rhododendronbüschen geprägten Gartenteil, welcher in den vergangenen zwei Jahrhunderten verschiedene Wandlungen erfahren hat. Im ausgehenden 18. Jahrhundert, als das Gotische Haus dem Hofgärtner Schoch als Wohnung zugewiesen war, lagen zwischen dem Wolfskanal und der Coswiger Straße eingebettet in Feldfluren der Küchengarten und eine Baumschule am Floratempel. Diese dem nützlichen Gartenbau gewidmeten und der besonderen Obhut des Gärtners zugewiesenen Bereiche ergänzte der Blumengarten. Dort befanden sich Beete, die wohl der Anzucht von Blumen dienten, aber durch eine dichte Rahmenpflanzung aus Gehölzen den Augen der Spaziergänger*innen entzogen bzw. auf diese Art in die landschaftliche Komposition des Parks integriert waren. Eine rustikale Eichenbrücke (die Hornzackenbrücke) bildete den Zugang vom Gotischen Haus her über den Wolfskanal. Auch wenn recht wenig über das Aussehen des Gartenteils in dieser Phase überliefert ist, halten wir doch die Erinnerung an diese Anfänge mit der umgangssprachlichen Bezeichnung „Schochs Blumengarten“ für diesen Ort wach.


Schochs Blumengarten (farbig markiert), Ausschnitt aus dem Plan des Gartens zu Wörlitz des Gärtners J. C. Neumark, gestochen von I. S. Probst (1784).

Nach dem Tod des Fürsten Franz hat der Blumengarten in den 1820er Jahren eine erste Veränderung erfahren. In dieser Zeit wurde der Kuhstall errichtet, dessen architektonische Gestaltung mit dem Gotischen Haus, vor allem aber mit den ebenfalls im neugotischen Stil errichteten Gebäuden der Hofgärtnerei korrespondiert. Das Gebäude nutzte man u.a. zur Unterbringung gärtnerischer Gerätschaften. Die früheren Anzuchtbeete wichen einer vollständig veränderten Flächengliederung, Umfang und Abgeschlossenheit des Gartenteils blieben aber erhalten. An diesem geschützten Ort pflanzte man eine besondere Gehölzgattung an, die lange Zeit als sehr exklusiv galt und während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine erste Hochphase ihrer Verbreitung in Gärten und Parks erlebte: die Rhododendren. Die überwiegend von asiatischen Wildformen abstammenden und anfangs vor allem in England gezüchteten Sorten begeisterten mit ihrem immergrünen Laub und prächtigen Blüten.


Die Partie am Kuhstall im veränderten Zustand, Ausschnitt aus dem Plan des Hofgärtners Gottlieb Schoch (1887).

Diese Ausrichtung griff nach dem Zweiten Weltkrieg der damalige Direktor der Staatlichen Schlösser und Gärten zu Wörlitz, Oranienbaum und Luisium, Kurt Lein auf. Als ausgebildeter Gartenarchitekt beließ er es nicht bei einer bloßen Sammlung von Sorten, sondern kombinierte mit Sachverstand und gestalterischem Geschick verschiedene Gehölzarten, welche entweder aus ähnlichen Herkunftsgebieten wie die Rhododendren stammen, mit diesen im Erscheinungsbild gut harmonieren oder sie hinsichtlich Blütezeit, Fruchtschmuck oder Herbstfärbung ergänzen. Dieses Grundprogramm wurde später beibehalten, da der „Rhododendronhain am Kuhstall“ besonders zur Blütezeit eine vielbeachtete Zwischenstation beim Rundgang durch den Park bildet.


Blick über die Hornzackenbrücke in den Gartenteil am Kuhstall im heutigen Zustand vor Beginn der Restaurierung (Foto: Michael Keller).

Nun ist dieser Gartenteil „etwas aus der Form geraten“: manche Rhododendron haben sich sehr ausgebreitet und die eigentlich beabsichtigte Raumwirkung immer unkenntlicher werden lassen. Doch auch die außergewöhnlichen Trockenheiten der vergangenen Sommer haben hier Tribut gefordert. Im Ergebnis der Beschäftigung mit der geschichtlichen Entwicklung und einer eingehenden Untersuchung des vorhandenen Bestandes wurde nun ein Restaurierungskonzept erarbeitet. Die besondere Herausforderung ist hier, die Grundkontur von „Schochs Blumengarten“ als Bestandteil des Gartenschöpfung des Fürsten Franz zu sichern und dabei prägnante Eigenarten späterer Weiterentwicklungen zu bewahren. Mit diesem integrativen Ansatz sollen die Geschichtlichkeit des Gartens, den an dieser Stelle besonders anschaulich die sich überlagernde Zeitschichten prägen, und damit der reiche Zeugniswert des Wörlitzer Parks erhalten werden.

Michael Keller, Abteilung Gärten und Gewässer