Gartenreichbrief -
Neues von der Kulturstiftung

Prof. Harald Meller verabschiedet Dr. Ingo Pfeifer © KsDW, Peter Dafinger

Das Jahr neigt sich dem Ende entgegen und mit ihm eine Ära. Nach 41 Jahren Tätigkeit in der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz geht Dr. Ingo Pfeifer in den wohlverdienten Ruhestand.

Als Ingo Pfeifer am 1. September 1984 seinen Dienst als wissenschaftlicher Mitarbeiter in den Staatlichen Schlössern und Gärten Wörlitz, Oranienbaum, Luisium antritt, läuft in den Radios gerade Stevie Wonders „I Just Called To Say I Love You“ hoch und runter und durch Deutschland bekanntlich noch eine Mauer. Jens Weißflog fliegt im Januar bei der Vierschanzentournee allen davon, Katharina Witt wird Olympiasiegerin im Eiskunstlauf und Olaf Ludwig gewinnt mal wieder die Internationale Friedensfahrt. Der Sportliebhaber und begeisterte Radfahrer Ingo Pfeifer dürfte wohl vor allem mit Letzterem mitgefiebert haben. Es ist – wie könnte es anderes sein – „Orwell-Jahr“. Im Sommer erreicht die erste Email Deutschland.

Seither ist viel passiert. Die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz als Nachfolgerin der Staatlichen Schlösser und Gärten hat unzählige Bau- und Restaurierungsvorhaben, Ausstellungen, Publikationen und Veranstaltungen initiiert und realisiert. An vielen Projekten war Dr. Ingo Pfeifer, der ab 1994 das Referat „Querschnittsaufgaben“ leitete und in den letzten Jahren wissenschaftlicher Mitarbeiter im Referat „Kunstforschung und Sammlungen“ war, konzeptionell und organisatorisch beteiligt. Zunächst lenkt er die Geschicke von einem Büro im Mezzanin des Wörlitzer Schlosses aus, dann im Schloss Großkühnau und schließlich in der dortigen Remise. Sein Schreibtisch ist stets gefüllt mit einem großen Stapel Bücher und einer Kanne Kaffee. Pfeifer hat immer ein offenes Ohr für die Fragen und Anliegen seiner Kolleginnen und Kollegen.  

Als promovierter Kunsthistoriker, der sich in seiner Doktorarbeit mit kunsttheoretischen Ansichten in Anhalt-Dessau um 1800 auseinandersetzte, hat sich Ingo Pfeifer als die Idealbesetzung für die Beschäftigung unter anderem mit der Architekturgeschichte, antiken Plastiken, Grafik, Kriegsverlusten und verschiedenen historischen Persönlichkeiten des Gartenreiches erwiesen. An der Edition der Tagebücher der Fürstin Louise hat er ebenso mitgewirkt wie an der Auswertung der Besucherbücher des Luisiums. In nahezu jedem Ausstellungs- und Tagungsband zu Dessau-Wörlitzer Themen der letzten Jahrzehnte ist Ingo Pfeifer vertreten. Ob es darum geht, Wissen kompakt zu vermitteln oder detailliert einem Fachpublikum zu präsentieren – die Texte Ingo Pfeifers sind immer bestens recherchiert und äußerst gut lesbar.

Ingo Pfeifer hat die Forschungslandschaft zu Dessau-Wörlitz maßgeblich geprägt. Seine Publikationsliste ist beachtlich und zeigt die Fülle und Vielfalt an Themen, die sich in der Auseinandersetzung mit der Epoche der Aufklärung, die zugleich die Zeit des Fürsten Franz ist, eröffnen.  Und sie zeigt eine unerschöpfliche Liebe und Begeisterung für das Gartenreich, die ihn bei seiner Arbeit all die Jahre begleitet haben. Als einer seiner größten Verdienste kann der gemeinsam mit Ludwig Trauzettel verfasste Antrag zur Aufnahme des Gartenreiches in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten gelten. Dass das Gartenreich seit dem Jahr 2000 diesen Status hat, ist nicht zuletzt Ingo Pfeifer zu verdanken. Als eines seiner liebsten Projekte bezeichnet der bekennende Winckelmann-Liebhaber, der neben vielen anderen Mitgliedschaften einen Platz im Kuratorium der Winckelmann-Gesellschaft hat, die Ausstellung „Revolution des Geschmacks. Winckelmann, Fürst Franz von Anhalt-Dessau und das Schloss zu Wörlitz“ aus dem Jahr 2017. Auf die Frage, was er seinen Nachfolgerinnen und Nachfolgern mit auf den Weg geben möchte, sagte Ingo Pfeifer vor einigen Wochen bescheiden, aber bestimmt: „Erhaltet das Gartenreich“. Er selbst weiß wohl wie kein Zweiter um das, was hinter diesen drei Worten steht. 

Wir danken Herrn Dr. Pfeifer für seine Arbeit sehr herzlich und wünschen ihm für seinen Ruhestand alles erdenklich Gute.

 

PD Dr. Jana Kittelmann
Leiterin Referat Kunstforschung und Sammlungen

Titelbild: © KsDW, Peter Dafinger