Gartenreichbrief -
Neues von der Kulturstiftung

Das so genannte "Gelbe Haus" am Rande des Wörlitzer Schlossgartens entstand als Amtshaus bereits lange vor den berühmten Gartenanlagen. Das, was wir heute in der dreiflügeligen Hofanlage erleben und sehen, ist über die Jahrhunderte auf vielfache Weise verändert und umgebaut worden. Dank verschiedener Methoden der Bauforschung, unter anderem durch die Holzaltersbestimmung, konnte nun ein vertieftes, neueres Bild über die Baugeschichte des Ensembles gewonnen werden.

Interessanterweise findet die bauliche (Weiter-) Entwicklung des Areals im Uhrzeigersinn statt, beginnend direkt am Gelben Haus.

Das Ensemble "Gelbes Haus", ©KsDW; Bodo Hirsch

Das Erdgeschoss des Gelben Hauses (oder auch Amtshaus) kann tatsächlich die älteste, momentan bekannte, Bausubstanz vorweisen. Sie lässt sich zeitlich in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts einordnen. Die Schwarzküche und ein Kellergewölbe aus dieser Zeit haben sich glücklicherweise ebenfalls erhalten. Ein Stadtbrand am 22. Juli 1725 zerstörte vermutlich unter anderem das Gelbe Haus. Ab ca. 1760 wurde es ab dem ersten Obergeschoss in Fachwerkbauweise neu errichtet; die Grundmauern blieben bestehen.

Vermutlich um 1795 wurde der sich anschließende Ostflügel umgebaut und erhielt seine klassizistische Fassade. Im Inneren befinden sich noch Trennwände mit historischen Putzen, die vermutlich aus einer früheren Bauphase stammen. Sie greifen nicht die Symmetrie der Fensterachsen auf und „teilen“ ein Fenster direkt in der Mitte. Die sich im nördlichen Teil des Ostflügels befindliche sogenannte Kutscherwohnung wurde vermutlich um 1800 in das Wirtschaftsgebäude integriert und dient der Abteilung Gärten und Gewässer heute als Sozialraum.

Das direkt an die Westfassade des Ostflügels angebaute, kleine Fachwerkgebäude stammt aus den Jahren 1820/21 und wurde als Stall genutzt. Es ist in zwei kleine Räume unterteilt. Alle verwendeten Materialien stammen noch aus der Erbauungszeit. 

Die Stallungen, die sich im Süden des Ensembles befinden, wurden den Fälldaten nach zu schließen, ab 1837 errichtet und um 1850 in ihrer heutigen Ausdehnung vervollständigt. Diese unterschiedlichen Errichtungsphasen lassen sich eindeutig von außen an der sogenannten Baunaht erkennen. Die Zugänge wurden im Laufe der Jahre der entsprechenden Nutzung angepasst, im Großen und Ganzen ist aber noch die bauzeitliche Substanz wie beispielsweise die Pferderaufen und der Ziegelfußboden vorhanden. Sicherlich hat an der selben Stelle schon vorher ein Gebäude gestanden.

Den größten optischen Einschnitt musste das Areal im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts erdulden. Der heute nicht mehr vorhandene vierte Flügel im Westen wurde abgerissen und durch die noch immer existierende Einfriedungsmauer mit Tor ersetzt.

Die letzte große bauliche Erweiterung fand um 1910 statt, denn zu dieser Zeit wurde das Gelbe Haus durch den Anbau einer Wohneinheit im Westen erweitert. Der später zugesetzte Balkon lässt sich noch immer erahnen. Um 1923/24 gab es noch einige kleine Ergänzungen, wie einen Schuppen oder die Toiletten. Hiervon sind nur noch letztere zu sehen. Mit dieser Erweiterung und dem somit zeitlich jüngsten Anschluss an das Gelbe Haus endet auch der bauhistorische Rundgang über den Hof.

Die neuerlichen Untersuchungen dienen dem Zweck, das Areal zeitnah weiterzuentwickeln und in diesem Zuge Planungen für Sanierungskonzepte zu ermöglichen. Mit den hier gewonnenen Erkenntnissen lassen sich die einzelnen Gebäude bewerten und zeitlich einordnen. Denn nur durch eine adäquate Nutzung ist es möglich, Objekte dauerhaft für die nächsten Generationen zu erhalten und dem Substanzverlust entgegenzuwirken.

Bodo Hirsch, Abteilung Baudenkmalpflege