Das Schloss Oranienbaum schlägt eine Brücke von seiner Erbauungszeit im Barock bis hin zur Moderne. Wer hätte gedacht, dass dieser 1683 begonnene Bau auch Geschichten des 20. Jahrhunderts, ja sogar aus der Bauhausära erzählt? Von zwei besonders spannenden Kapiteln des 18. und des 20. Jahrhunderts gibt es nun Neues zu berichten.
Die Restaurierung der „Scheper-Fassungen“ hat begonnen.
1927 wurde das Schloss Oranienbaum der Joachim-Ernst-Stiftung übertragen und für die Öffentlichkeit zugänglich. Zu dieser Zeit erhielt die neu gegründete Anhaltische Gemäldegalerie die Erlaubnis, ihre Sammlung dort auszustellen. Die Idee, eine Filialgalerie einzurichten, geht auf Ludwig Grote zurück, der von 1927 bis 1933 Direktor der Galerie war. Er erkannte, dass das Dessauer Palais Reina, wo die Galerie untergebracht war, nicht genügend Platz für die Präsentation der umfangreichen Sammlung bot. 1927 wurde der Bauhausmeister Hinnerk Scheper (1897–1957) von Grote beauftragt, die Farbfassungen für die Ausstellungsräume im Schloss zu entwickeln. Diese Leistung erbrachte er nicht als Mitarbeiter des Bauhauses, sondern als Freiberufler.
Die zum Teil noch erhaltenen Raumfassungen jener Zeit sind wohl die einzig noch erhaltenen originalen Ausstattungen aus dem gestalterischen Schaffen Schepers. Von den 15 Räumen im Erdgeschoss wurden 9 nach Schepers Vorgaben gestaltet, 5 davon besitzen noch die ursprüngliche Sichtfassung. Im Obergeschoss wurden 7 von 14 Räumen bearbeitet, von denen 3 noch die originale Ausstattung von 1927 aufweisen.
Dank einer Förderung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung werden nun 5 Räume im Obergeschoss restauriert. Nach umfangreichen Voruntersuchungen und Planungen haben die eigentlichen Arbeiten Anfang September begonnen und sollen bis Ende des Jahres dauern. Die Arbeiten an Böden, Paneelen und Türen sind für 2026 vorgesehen.
Die restaurierten Scheper-Fassungen werden mit der Saisoneröffnung im Frühjahr 2025 erlebbar sein. Diese Restaurierung wird einen Zustand wie im Jahr 1927 präsentieren. Die langjährige Archivnutzung von 1948 bis 2002 hat zur Erhaltung dieser Fassungen beigetragen. Darunter finden sich auch ältere Fassungselemente, einige aus der Zeit um 1900.
Nur wenige Kilometer von Oranienbaum entfernt befindet sich das Bauhaus Dessau, dessen 100-jähriger Zuzug 2025 gefeiert wird. Die Restaurierung der Scheper-Fassungen ist ein passendes Geschenk zu diesem Jubiläum. Schloss Oranienbaum und das Bauhaus Dessau sind nicht nur räumlich nahe, sondern auch kulturell verbunden – beide gehören zum UNESCO-Welterbe.
Startschuss für die Restaurierung der bemalten Leinwandbespannungen im südlichen chinesischen Saal ist gefallen.
Im September hat auch die Restaurierung der Leinwandbespannungen im Obergeschoss von Schloss Oranienbaum begonnen. Die Arbeiten werden sich bis zum Jahresende 2024 erstrecken. Ab Saisonbeginn 2025 werden die restaurierten Oberflächen für die Besucher erlebbar sein.
Bemerkenswert ist, dass im südlichen chinesischen Saal zum ersten Mal Restaurierungsmaßnahmen an diesen beeindruckenden Oberflächen durchgeführt werden. Es ist etwas sehr Besonderes, dass die etwa 250 Jahre alten Wandbespannungen noch im Originalzustand erhalten sind. Sie werden nicht ausgebaut, sondern bleiben an ihrem Platz.
Fürst Franz von Anhalt-Dessau ließ 1766/67 anlässlich seiner Hochzeit mit der brandenburgischen Prinzessin Louise von Brandenburg-Schwedt den Festsaal sowie die angrenzenden Räume vom Hofmaler Johann Gottfried Buch mit bemalten Wandbespannungen ausstatten. Diese Bespannungen haben sich in ihrem ursprünglichen Zustand an ihrem Standort erhalten.
Die Leinwandbespannungen sind an drei Wänden montiert und zeigen auf großformatigen Bildfeldern auf hellem Grund chinesische Motive, darunter beeindruckende Landschaften und figürliche Darstellungen, die von gemalten Rahmen aus ornamentalem Gitterwerk umgeben sind. In fünf als Supraporten gestalteten Bildfeldern sind stehende Figuren in traditioneller Kleidung abgebildet, die auf zeitgenössische Vorlagen von William Chambers zurückgreifen. Acht weitere großformatige Felder präsentieren florale Motive und naturgetreu dargestellte exotische Vögel.
Die Restaurierung ist notwendig geworden, da die bemalten Wandbespannungen infolge eines anhaltenden Investitionsstaus in einem schlechten Erhaltungszustand sind. Der textile Bildträger sowie die darauf liegende Malschicht haben durch klimatische Schwankungen und lokal auftretende Schäden stark gelitten. Im südlichen chinesischen Saal lag zusätzlich Schimmelbefall vor, weshalb hier mit den Arbeiten begonnen wird. Die Bespannung kann unabhängig von der geplanten Sanierung der Deckenbalken bearbeitet werden.
Die restauratorischen Maßnahmen umfassen die Bearbeitung von Schäden am Trägergewebe, die Stabilisierung entfestigter Malschichten und die Retusche von Fehlstellen. Zuvor wurde eine konservatorische Reinigung der Wandoberflächen im südlichen chinesischen Saal durchgeführt, um den akuten mikrobiellen Befall zu minimieren.
Eine Rückgewinnung verblichener Farben oder eine Übermalung ist nicht vorgesehen, da die Authentizität und Originalität der Bespannungen bewahrt bleiben sollen. Die Freude an der ursprünglichen Erscheinung wird somit im Vordergrund stehen.
Die Finanzierung der konservatorischen Reinigung und der Restaurierung erfolgt durch Mittel der Denkmalpflegeförderung des Landes Sachsen-Anhalt.
Robert Hartmann, Abteilung Baudenkmalpflege