Gartenreichbrief -
Neues von der Kulturstiftung

Am südöstlichen Rand der Wörlitzer Anlagen ließ Fürst Franz von Anhalt-Dessau um 1790 in unmittelbarer Umgebung der Felseninsel „Stein“ die Grotte der Egeria errichten. Im Laufe des Jahres 2021 soll die Gartenarchitektur mit der darin befindlichen namensgebenden Statue instandgesetzt und restauriert werden.

Als Vorbild für das Bauwerk diente ein südlich von Rom gelegenes antikes Nymphaeum aus dem 2. Jahrhundert, das seit seiner Wiederentdeckung den Namen „Grotte der Egeria“ trägt. Vielfältige Darstellungen des 18. Jahrhunderts zeigen diese von Pflanzen überwachsene Ruine mit einem durch sie hindurchfließenden Wasserlauf, im Inneren jedoch anstelle der Quellnymphe Egeria die liegende Statue eines männlichen Flussgottes.

Die Wörlitzer Grotte bildet ein – aus Porphyr und Sandstein gemauertes – nach Westen ruinenhaft abbrechendes und nach Osten mit einer Stirnwand geschlossenes Tonnengewölbe mit verschieden langen Seitenwänden. Rückwärtig greift das Bauwerk leicht schräg in den Wall ein, der die Anlagen nach Süden begrenzt. Die nördliche Wand weist drei rundbogige Nischen auf, während an der gegenüberliegenden sehr viel kürzeren Südwand nur eineinhalb Nischen errichtet wurden. So entstand der gewollte ruinenhafte Eindruck. Im Inneren des Gewölbes lagert auf breiten, in der Rückwand verankerten Konsolen die Skulptur der Quellnymphe Egeria. Sie wurde von dem Bildhauer Pfeiffer angefertigt. Die weiß gefasste Sandsteinskulptur bildet einen deutlichen Kontrast zur dunklen Grottenarchitektur und ist bereits aus der Ferne gut sichtbar.

      
Uferweg zur Grotte mit der liegenden Egeria                                

Über eine rundbogige Öffnung in der östlichen Stirnwand verläuft seitlich ein wasserführender Graben durch die Grotte, der das Wasser unmittelbar vor dem Bauwerk in den Wörlitzer See leitet. Vor der Grotte befand sich ursprünglich ein in Sturzlage positioniertes, derzeit im Kunstgutdepot eingelagertes, korinthisches Kapitell.

Die Mauern der Grotte sind auf einer tonig-schluffigen, nur wenig tragfähigen Bodenschicht gegründet. Dies hat über die Standzeit des Bauwerks zu Setzungen geführt. Diese verursachten in der Folge eine deutliche Neigung der frei stehenden Nordwand nach außen. Eine zusätzliche Gefahr für die Standsicherheit sind Ausspülungen im Bereich des innenseitig verlaufenden, wasserführenden Grabens. Begonnen wird im Frühjahr mit den Maßnahmen zur Gründungssanierung des Bauwerks. Dazu müssen im Vorfeld der Maßnahmen das Gewölbe und die Nordwand temporär abgestützt werden. Die Quellnymphe wird vorübergehend ihr Domizil verlassen.

        
Schiefe Nordwand und östliche Wand mit hindurchführenden Wassergraben

Linda Wenzel, Abteilung Baudenkmalpflege