Gartenreichbrief -
Neues von der Kulturstiftung

Vor 250 Jahren reisten Fürst Franz und Fürstin Louise gemeinsam nach England. Für Louise war es der erste Besuch in dem Land, dem das Gartenreich so viel Inspiration zu verdanken hat. Folgen Sie uns auf eine kurze England-Reise mit Augenzwinkern.

Louise dokumentierte die Reise des Fürstenpaares in ihrem Tagebuch. Hier können wir nachlesen, dass sich die beiden schon damals mit klassischen Problemen des Tourismus herumschlagen mussten. Anfang Juli 1775 führte Franz' und Louises Reiseroute über den Rhein, von Köln durch Flandern und Frankreich nach Calais und von dort aus über den Ärmelkanal nach England.

In England angekommen, lauerte gleich der erste kulinarische Fallstrick. Die englische Küche stieß bei Louise durch die herzhaften und fleischlastigen Gerichte eher auf Ablehnung: „Ach ihr guten schmackhaften Suppen, dachte ich, wo seid ihr hin? […] Und ihr auch, vaterländische Gemüse, auf festem Lande, und nicht auf dieser Insel, werde ich eine nahrhafte und gesundmachende Kost wieder fühlen, denn die Englische Tafel wird eigentlich mit sehr vielem und sehr gutem Fleische besorgt. Also nur um meinetwillen befahlen der Fürst some green thing. Ach, aber da erschien ein paar kleine Tellerchen mit 10 Erbsen oder 14 Bohnen “ (23. Juli).

Ansicht von West Wycombe im Ankleidezimmer der Fürstin © KsDW, Peter Dafinger

Von London aus erkundete die Reisegesellschaft, der unter anderem auch Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff und zeitweise Georg Karl von Raumer und Johann Christian Neumarck angehörten, die zahlreichen umliegenden Landhäuser, Gärten und was die Großstadt noch zu bieten hatte. Zu jeder guten Englandreise gehört natürlich, den Royals nachzufiebern. So versuchte auch Louise einen Blick auf den König zu erlangen. Der Fürst holte sie ab, um „nach dem St James Park zu fahren, wo wir einige Mal in den 3 Aleen […] auf und ab spazierten. Da es just Cour Tag war, so musste sich auf diesem Wege der König von seinem Hause nach dem Schlosse tragen lassen. […] Der König kam auch bald […]. Er war aber so zurückgelehnt, dass ich ihn gar nicht erkennen konnte“ (28. Juli).

Das straffe Sightseeing-Programm wurde nur durch den Umstand gehindert, dass die Engländer ihre Landhäuser und Gärten zwar für Besucher öffneten, sich aber nicht um die Belange unserer armen Reisenden kümmerten. Wer stand auf einer Reise nicht schon mal vor einer verschlossenen Tür? Als der Garten von Painshill nicht geöffnet war, ärgerte sich Louise: „allein nach der neuen Mode [...] ist auch der für Fremde sehr ungewöhnte Gebrauch entstanden, die Gärten und Landhäuser nicht anders als nur gewisse Tage zu zeigen […] Ganz besonders ist dies anzumerken, dass diese Einrichtungen so weislich und gemächlich für Fremde gemacht haben, dass zwei dichte aneinander gelegene Plätze – eine etwa des Montags und der andere das Donnerstags – zu sehen, also dass man, um der geliebten Kürze, um an denselben Ort zu kommen, zwei Hin- und zwei Herreisen machen muss.“ (1. August).

Ansicht von West Wycombe im Ankleidezimmer der Fürstin © KsDW, Peter Dafinger

Im August begaben sich Fürst und Fürstin nach Bath, wo sich Franz mit dem heißen Quellwasser einer Kur unterzog. Ab Mitte September ging es dann weiter in Richtung Oxford und von dort wieder nach London.

Detailreich und durchaus humorvoll beschreibt Louise Besonderheiten wie Alltäglichkeiten, Personen und Orte. An grauen Wintertagen gibt die Lektüre des Reisetagebuchs einen wunderbaren Einblick in die Lebenswelt des 18. Jahrhunderts und in das Leben einer Frau, die das Gartenreich maßgeblich geprägt hat.

Sarah Reinhardt
Stabsstelle Kommunikation und Service

Titelbild: © KsDW, Peter Dafinger